Für Kilian Rüthemann ist der Begriff der Skulptur oder skulpturalen Setzung ein offener. Zwar kommt er von einer klassischen Steinbildhauerausbildung und weiss sehr wohl mit Materialien wie Stein oder Marmor umzugehen, doch Skulptur ist gleichwohl mehr für ihn. Unterschiedlichen Zuständen von Materialien auf den Grund zu gehen, ihre Präsenz im Raum, ihre Unumstösslichkeit oder auch ihre Verhältnismässigkeit sind Themen, die den Künstler nachhaltig interessieren. Im Kunsthaus Baselland präsentiert Rüthemann nun ein Stahlgestell inmitten des Raumes, auf der die Rückwandprojektion eines von Wasser umgebenen Steins zu sehen ist. Ab und an tauchen schemenhaft Seelöwen auf, die um den Stein zu tauchen scheinen. Ein künstlicher Stein also, vom sanften Wellengang der Tiere geformt, und in einer künstlichen Umgebung wie einer Zooanlage zu verorten? Eine definitive Auflösung bietet der Künstler nicht an, stattdessen wird das Bild in unregelmässigen Abständen, fast unmerklich, durch kurze Videosequenzen unterbrochen. Darin zu sehen sind unzählige aufgeregte Hände, die die freigelegte Steinecke der Kaaba, des grössten islamischen Heiligtums, berühren — als Teil der rituellen Umrundung der grössten Wallfahrt der Muslime — und damit im Verlauf der Zeit auch verformt haben. Gekonnt setzt Rüthemann diese beiden Bildsequenzen zusammen, kommentarlos und zugleich einander aufladend: Ein eigentlich alltäglicherStein — es handelt sich bei der Sequenz nicht um die Ecke der Kaaba mit dem schwarzen Stein, einem Halbedelstein, sondern die gegenüberliegende Ecke — wird durch rituelle Handlungen zu etwas Heiligem; in der anderen Sequenz Seelöwen, die einen künstlichen Stein umrunden, aber nicht berühren oder erklimmen. Nicht zuletzt entsteht eine Assoziation zum künstlerischen, bildhauerischen Tun im Allgemeinen, das Materialien durch Handanlegen, Bearbeiten und Berühren in eine neue Form zu wandeln vermag. (IG)